Der antisemitische Weltanschauungsverein „Ludendorffer“ – und die rechten Jugendbünde

Grabstein in Ahnenstätte Hilligenloh; Foto: rechte-jugendbuende.de

In der vergangenen Woche sind zwei lesenswerte Artikel des Autors Gideon Thalmann über den „Ludendorffer – Bund für (Deutsche) Gotterkenntnis“ erschienen. Diese rechte Sekte, die vom brandenburgischen Verfassungsschutz als „antisemitischer Weltanschauungsverein“ bezeichnet wird, pflegt eine völkisch-rassistische Ideologie. Überschneidungen bestehen – wer hätte es gedacht – auch zu rechten Jugendbünden.

Thalmann beschreibt im blick nach rechts und auf Publikative.org den Verein und dessen Focus auf die Kindererziehung in völkischen „Sippen“.

 

Völkische Antisemiten

Der Bund für Gotterkenntnis e. V. (BfG) ist eine deutsch-völkische, antisemitische Gruppierung mit Sitz im bayerischen Tutzing, die von den Verfassungsschutzbehörden beobachtet und als rassistisch und antisemitisch eingestuft wird. Nach eigenen Angaben beträgt die Anzahl der Mitglieder 12.000, die Verfassungsschutzbehörden gehen von rund 250 Mitgliedern aus. Tatsächlich dürfte die Zahl, gemessen an den Ludendorffern nahestehenden Vereinen, Geschäften und Sympathisanten, bei rund 1500 Mitgliedern liegen.

"Villa Ludendorff" in Tutzing; Foto: Gideon Thalmann

Der Ideologie, der sich als „Weltanschauungsgemeinschaft“ bezeichnenden Ludendorffer, liegt die Philosophie Mathilde Ludendorffs zugrunde. Mathilde Ludendorff (1877 – 1966) war die Frau des Generals Erich Ludendorff. Das Ehepaar engagierte sich bereits in den 1920er Jahren in der deutsch-völkischen Bewegung. Nach der „Gotterkenntnis“ von Mathilde Ludendorff offenbart sich Gott jeder „Art“ oder „Rasse“ auf eine besondere Art und Weise. Daher führe die „Rassenvermischung“ zum Verlust der Möglichkeit die Gotterkenntnis zu erlangen. Die völkische-antisemitische Ideologie der Ludendorffer kommt nicht ohne Mathilde Ludendorffs Verschwörungstheorien aus, so wird in ihren Augen die Welt seit Jahrhunderten von konspirativ wirkenden, überstaatlichen Mächten organisiert: durch „Juden“, „Jesuiten“ und den „Freimaurern“ gelenkt.

 

Ahnenstätten und Veranstaltungen

Eingang zur Ahnenstätte Hilligenloh; Foto: G. Thalmann

Anhänger der Ludendorffer-Ideologie unterhalten seit rund 79 Jahren die Ahnenstätte Hilligenloh zwischen Oldenburg und Bremen. Die Ahnenstätte Hilligenloh („heiliger Wald“) ist ein Privatfriedhof der vom Verein Ahnenstätte Hilligenloh e. V. betrieben wird, die laut Satzung der „Gotterkenntnis Mathilde Ludendorffs“ verbunden sind. Auf einer Informationstafel auf dem Gelände heißt es, dass der Friedhof von „Privatpersonen“ gegründet wurde, die der „völkischen Bewegung“ angehörten und sich der „Gotterkenntnis Mathilde Ludendorffs verbunden fühlten“. Zwei große Steine neben dem Eingangstor zum Friedhof sind der „Schöpferin“ und dem „Wegbereiter der Gotterkenntnis“, also Erich und Mathilde Ludendorff, gewidmet. Auf den vielen Findlingen, die als Grabsteine fungieren, finden sich u. a. Lebens- und Todesrunen sowie die „Weltenesche Irminsul“ aus der germanischen Mythologie.

Die Ludendorffer und ihnen nahestehende Vereine, wie der Arbeitskreis für Lebenskunde e. V., führen regelmäßig Tagungen und Seminare durch. Des Weiteren werden Familien-, Zelt- und Ferienlager, Geschichtswochenenden und Philosophische Wochenenden durchgeführt. Zuweilen gibt es auch Protest gegen die rechten Sektierer:

NDR 3 – Beitrag über die Ludendorffer-Tagung 2008 in Dorfmark. Sprecher: Stefan Schölermann

Fahrende Gesellen und DMWB in Herboldshausen

Ende der Neunzigerjahre wurde das Ludendorffer-Haus in Herboldhausen mehrfach von den Fahrenden Gesellen – Bund für Deutsches Leben und Wandern und dem Deutschen Mädelwanderbund für ihre Treffen benutzt. In der letzten Ausgabe aus dem Jahr 1998 heißt es: „Wie im letzten Jahr hatte Ulrich für diesen Herbst das wunderschöne Haus der Ludendorffer in Herboldshausen für das Wochenende vom 16. – 18.10. reserviert“. Die Teilnehmer trugen zu einem großen Teil Vornamen, wie sie unter anderem in der völkischen Szene üblich sind und deren Häufung beim Lesen der Zeitschriften völkischer Jugendgruppen ständig auffallen: In diesem Fall etwa Hartmut, Adela, Gernot, Greta, Ute, Folke, Gerhild, Hildegard, Freya und Hektor. Ob die Nutzung von Ludendorffer-Häusern durch Fahrende Gesellen und DMWB nach diesen Jahren fortgesetzt wurde ist nicht bekannt.

Der Freibund und die Ludendorffer

Ludendorffer-Familie bei einer Veranstaltung nahe Minden; Foto: G. Thalmann

Verschiedene Überschneidungen gibt es zwischen dem Freibund und den Ludendorffern. Kontakte und Zusammenarbeit gab es zum Beispiel in Berlin zwischen dem bis zu seiner Auflösung von Björn Rusinowski geleitetem Verein Tanzkreis Spreeathen und dem Volkstanzkreis Zehlendorf. Diese Kontakte bestanden mindestens 2006 und 2007. Für die Jugendgruppen im Volkstanzkreis Zehlendorf war Heidrun Köhn zuständig. Köhn war zwischen 1986 und 1989 Vorstandsmitglied im Ludendorffer Verein Arbeitskreis für Lebenskunde e.V.. Köhn gehörte bis nachweislich 2009 der rassistischen Glaubensgemeinschaft der Ludendorffer an. So veröffentliche sie z. B. in Jahr 2002 zusammen mit Gernot Michaelis das Buch „Lieder zur Weihenacht“, eine Neuauflage des von ihr bereits 1981 erstmalig geschriebenen Weihnachtsliederbuches. Im Nachwort zur Neuauflage von 2002 bedanken sich Köhn und Michaelis beim „Arbeitskreis für Lebenskunde e.V. für die freundliche Unterstützung“. Köhn und Michaelis veröffentlichen 2006 und 2008 auch in der Ludendorffer Zeitschrift „Mensch und Maß“.

 

Auch auf den Ostertagungen der Ludendorffer in Dorfmark (Niedersachen) waren mehrmals Freibünder zu Gast. So zum Beispiel im Jahr 2007, als zwei Freibünder die Ostertagung für die gesamte Dauer besuchten.

Einer der beiden anwesenden fotografierte 2008 in Freibundkluft einen Pressevertreter beim Bundessommerfest des Freibundes. Die selbe Person findet sich auf einem Gruppenfoto zweier Ludendorffer-Familien aus dem Jahr 2007, auf dem auch ein regelmäßiger Teilnehmer von Lagern der mittlerweile verbotenen Heimattreuen Deutschen Jugend zu erkennen ist.

Ludendorff`sches Gedankengut in der Freibund-Zeitschrift

In verschiedenen Ausgaben der Freibund-Zeitschrift „na klar!“ findet sich das Gedankengut der Ludendorffer wieder. Ein Autor namens „Markus“ beschreibt in einer Ausgabe der „na klar!“ von 2006 seine „Gedanken zu Heimat und Volkstum“ . Der Artikel besteht aus einer Aneinanderreihung ludendorffscher Ideologeme und wird von einem Gedicht des von den Ludendorffern verehrten Dichters Erich Limpach eingeleitet, der 1958 mit dem Ehrenring „Dem deutschen Gedicht“ der rechtsextremen Dichtervereinigung Deutsches Kulturwerk Europäischen Geistes (DKEG) ausgezeichnet worden war und dessen Bücher vom Verlag Hohe Warte der Ludendorffer-Gemeinschaft vertrieben werden. Den Kindern und Jugendlichen, an die sich die „na klar!“ richtet, erklärt Markus ganz im Stil der rechten Sekte:

„Den Ort oder Raum, wo die Symbolik unserer Sprache sich verbildlichen, in Erscheinung treten kann, wo das seelische Erleben unsterblicher Gesetze unser Dasein verlebendigt, wo wir tief verwurzelt mit der Erde das Göttliche in uns ahnen dürfen; diesen Ort nennen wir Deutschen Heimat“.

Da es in der heutigen Zeit keine Selbstverständlichkeit sei, eine Heimat zu haben,

„kreisen unsere Gedanken an dieser Stelle um (…) eine anzustrebende, sinnfällige Einheit von Raum, Sitte, Recht und Ordnung, das unserem Volkstum den lebensnotwendigen Rahmen geben kann.

In der Sprache der Ludendorffer führt er weiter aus:

„Ein uns wesensgemäßes, gottnahes Volkstum leuchtet am Horizont des Weges, der von viel Fremdem umgebenen Kameraden bündischer Traditionsgemeinschaften(…).“

Auch der Sippengedanke, die Verwurzelung des Freibundes in den ihn tragenden Familienclans wird in diesem Text ideologisch begründet:

„Von besonderer Bedeutung für die Entstehung gemütstiefer Empfindungen für Heimat, Volk und Vaterland sind fest verortete oder sich verortende Familien und Sippenverbände, die für ihre Nachkommen Orte heimatlicher Geborgenheit und geschichtlicher Identität sein können.“

Pathetisch und elitär beendet Markus seinen völkischen Appell an die zumeist minderjährigen Leser des Artikels mit einem Brückenschlag zur Jugendbewegung:

„Durch Glaube, Haltung und Tat einer gemeinschaftsbejahenden Ordnung zu dienen und unserem Volk darin selbstbewußt voranzugehen, ist der heilige Quell bündischer Kraft, der den Weg für eine Zukunft der Deutschen ebnet.“

Auch in der auf diesem Blog schon mehrfach besprochenen Schwerpunktausgabe der „na klar!“ zur Schwarzen Fahne aus dem Jahr 2008 findet sich wieder ein Gedicht von Erich Limpach. Zumindest zwischen einzelnen Freibund-Mitgliedern und der Ludendorffer-Sekte bestehen ganz offensichtlich enge Verflechtungen, die offenbar durch die Bundesführung durch die entsprechenden Veröffentlichungen in der „na klar!“ unterstützt werden.

Eine ausführliche Broschüre über die Ludendorffer von Gideon Thalmann und Felix Reiter ist 2011 bei der Arbeitstelle Rechtsextremismus und Gewalt erschienen.

Im Kampf gegen „überstaatliche Mächte“

Die völkische Ludendorff-Bewegung – von „Jugenderziehung“ bis „Ahnenpflege“

Bildungsvereinigung ARBEIT UND LEBEN
Braunschweig, April 2011

ISBN 978-3-932082-46-7

Broschüre 30×21 cm, 56 Seiten

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