Wirbel um Thüringens Regierungssprecher: Er ist Gildenschafter

Bundesfahne der Deutschen Gildenschaft

Nach der Ernennung von Karl-Eckhard Hahn zum Sprecher der thüringischen Landesregierung hagelt es Kritik an der Personalentscheidung von Ministerpräsidentin Lieberknecht (CDU). Hahn war Autor zahlreicher rechtsradikaler Zeitschriften und ist „Alter Herr“ der Deutschen Hochschulgilde Trutzburg Jena zu Göttingen. Nach Recherchen der Zeitschrift Der Rechte Rand griffen auch ZEIT-online und die taz das Thema auf. Kritik kommt vor allem aus den Reihen der Mitglieder der Landesregierung, die der SPD angehören. Der Fraktionschef der Linken im Thüringer Landtag, Bodo Ramelow, nimmt Hahn laut Thüringer Landeszeitung in Schutz.

Wir veröffentlichen hier mit freundlicher Genehmigung den Artikel von Ernst Kovahl, zuerst erschienen in

Der Rechte Rand, Ausgabe 143.

Deutsche Stimme

Thüringens neuer Regierungssprecher Karl-Eckhard Hahn war Vordenker der »Neuen Rechten« und Funktionär der »Deutschen Gildenschaft«.

von Ernst Kovahl
Die neue Stimme Thüringens klingt sehr deutsch. Seit dem 1. Juli 2013 ist Karl-Eckhard Hahn Sprecher der Landesregierung aus CDU und SPD. Er verantwortet die Kommunikation der Regierung und der Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU). Der Vertraute der Regierungschefin war Funktionär der völkisch geprägten »Deutschen Gildenschaft« (DG), Autor in »neu-rechten« Publikationen und Redakteur des Rechtsblättchens »Phönix«.

Kulturrevolution
Hahn studierte ab 1982 in Göttingen und trat der örtlichen Sektion der DG, der »Trutzburg Jena zu Göttingen«, bei. Die DG schrieb 2006 stolz, er sei damals »der Aktivposten der Junggilde« gewesen. Dort war zeitgleich der spätere Mentor der Wochenzeitun »Junge Freiheit« (JF), Karlheinz Weißmann, Mitglied. 1983 begann Hahn, in der Zeitschrift »Phönix« zu schreiben, ein antikommunistisches und nationalistisches Blatt aus dem Dunstkreis der »Jungen Union« und junger »Vertriebener«. Hahn und Weißmann stiegen dann 1984 in die Redaktion ein. Weißmann schrieb Porträts über Theoritiker der »Konservativen Revolution« und Stichwortgeber des Faschismus, wie Julius Evola, Edgar Julius Jung, Carl Schmitt oder den Vordenker der »Neuen Rechten« Armin Mohler. Porträts nationalrevolutionärer Zeitschriften, Warnungen vor Grünen und SPD, Aufsätze über die »positiven Aspekte« der Apartheid in Südafrika oder Leseempfehlungen für die Bücher rechter Autoren, wie Alain de Benoist oder Andreas Mölzer, füllten die Hefte – und immer wieder die »Ostgebiete«. So schrieb Hahn beispielsweise, es bestehe für Deutschland »zweifelsohne« ein »moralischer und völkerrechtlicher Anspruch auf die durch politische Willkür verlorenen Gebiete«. Er berichtete über »Donauschwaben « in Ungarn und die deutschen »Landsleute« in Norditalien. »Reeducation«, eine »totale Nationenvergessenheit« und eine »bußfertige Geschichtsschreibung« präge Deutschland, kritisierte er 1983. In der »Phönix« wurden früh die Debatten geführt, die sich später – teils mit denselben Autoren – in den Zeitschriften »Etappe«, JF oder »Sezession « wiederfinden. Das Ziel war die Rekonstruktion eines deutsch-nationalen und völkisch geprägten Konservatismus. Die Aufgabe des Heftes sei es, so schrieb die Redaktion 1985, »Beiträge zu einer Kulturrevolution von rechts zu liefern«. »Der Spiegel« befand im selben Jahr, »Phönix« läge »auf Neonazi-Kurs«. Hahn war bis 1986 Redakteur.

Autor
Hahn schrieb seit Ende der 1980er Jahre in »Criticón«, dem »Ostpreußenblatt« und in der »Zeitenwende« sowie Anfang der 1990er Jahre in Büchern der »Neuen Rechten«. So steuerte er für die Standardwerke »Westbindung. Chancen und Risiken für Deutschland« (1993), »Die Selbstbewußte Nation« (1994) und das »Lexikon des Konservatismus« (1996) Aufsätze über Geopolitik und die zu geringe Macht Deutschlands bei. 1988 und 1989 schrieb er mehrfach in der neuen Zeitschrift »Etappe«. »Der Anstoß zur Gründung […] kam von Personen, die den Kern der Autorenschaft der Zeitschrift Phönix bildeten«, schrieb Gründer Heinz- Theo Hofmann. Das Blatt verortete sich »im nationalen Lager«, richtete sich an einen elitären, akademischen Kreis und bemühte sich mit einschlägigen Autoren, wie Weißmann oder Günter Maschke, um die Etablierung eines rechten Zeitgeistes.

Aktivist
Hahn engagierte sich auch in der Göttinger »Konservativen Hochschulliste«, die nach einer Vortragsreihe in der DG zu den rechten Denkern Carl Schmitt, Arnold Gehlen, Oswald Spengler und Armin Mohler gegründet worden war und 1984 zu den Hochschulwahlen antrat, um Politik »im Sinne der erwähnten konservativen Köpfe« zu machen. In der DG war Hahn von 1984 bis 1988 »Aktivensprecher«, 1998 wurde er in den Beirat des DG-Vorstandes gewählt. Maßgeblich dürfte Hahn die DG durch seine Arbeit als stellvertretender Schriftleiter (1995 – 2003) der »Blätter der Deutschen Gildenschaft« an der Seite von Kurt Heißig geprägt haben. Zum 75. Gründungstag der DG 1998 hielt er eine zentrale Rede auf dem »Jubiläums-Bundestag« und schrieb in der Festschrift »Im Strom der Zeit« zur Geschichte des Bundes – neben einem programmatischen Aufsatz von Weißmann. Die Nähe der DG zur »Neuen Rechten« war offensichtlich.

Netzwerk
Hahns Karriere ist eng mit Lieberknecht verknüpft. Seit 1992 begleitet er sie als Grundsatzreferent und Pressesprecher in ihren Ämtern als Ministerin, Landtagspräsidentin und Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion. Als sie 2008 erneut Ministerin und 2009 Regierungschefin wurde, blieb Hahn Mitarbeiter in der Fraktion, nun wurde er ihr erneut an die Seite gestellt. Hahn zeigt, dass das Netz der DG funktioniert. In unterschiedlichen Strukturen der deutschen Rechten – vom Konservatismus bis zur extremen Rechten – finden sich Gildenschafter in einflussreichen Positionen. Der
Bund steht in der Tradition der »Deutsch-Akademischen Gildenschaft«, die in den 1920er und 30er Jahren »Ostforscher«, »Volksgruppen-Theoretiker« und Vordenker des Faschismus hervorbrachte. Auch maßgebliche
Strukturen der »Neuen Rechten« wurden von Gildenschaftern aufgebaut: »Criticón«, »Phoenix«, die vom Gildenschafter Dieter Stein (»Balmung zu Freiburg«) gegründete JF sowie das von Weißmann inspirierte und vom ehemaligen DG-Funktionär Götz Kubitschek (»Gilde Hermann Löns«) realsierte »Institut für Staatspolitik«. 1994 warnte der CDU-Politiker Friedbert Pflüger vor einer »Erosion der Abgrenzung« zwischen der CDU/CSU und »Neu-Rechten«. Heute interessieren solche Warnungen nicht mehr.

 

 

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