Radikal-völkisch mit bündischer Attitüde – Der „Bachantenorden um eiwatz“

Titelbild: "Sonnenbote" (Heft 4 - Scheiding 2008)Die in Sachsen ansässige Gruppierung Bachantenorden um eiwatz vermischt bündische Traditionen mit radikal-völkischer Ideologie. Dabei ist der vermeintliche Orden Teil eines Netzwerks, das schleichend an einer Vereinnahmung eigentlich harmloser Traditionen wie Volkstanz und Erntedankfest arbeitet.

Seit mindestens 2004 existiert in Sachsen mit dem Bachantenorden um eiwatz eine kleine radikal-völkische Gemeinschaft, die „Glaubensvorstellungen und Werte unserer Ahnen“ propagiert, um „Materialismus und Kirchendogma zu verbannen“. Dabei vermischt diese Gruppierung Elemente der Jugendbewegung mit Blut-und-Boden-Ideologie und esoterisch-rassistischem Artglauben. In Anlehnung an historische Wandervogelgruppen, in denen der Begriff Pachant für einen Wanderburschen verwendet wurde, nennen sie sich selbst Bachantenorden.

Antimoderne in Schrift und Bild

Sonnenbote – Blätter für Brauchtum und Feiergestaltung ist der Name einer unregelmäßig erscheinenden Zeitschrift, die von der eiwatz-Truppe herausgegeben wird. In Frakturschrift und mit „Zeichnungen oder Grafiken zu Brauchtum und Feier“ widmen sich die Herausgeber u.a. „germanischem Brauchtum“ und „Fahnenschwingen und Tanzen“.

Das erklärte Ziel ist „alte und neue Feierelemente für einen größeren Kreis wieder zugänglich zu machen“. Denn, so die Erklärung, wenn man „Schrifttum zur Ausgestaltung von völkischen Jahreslauf- oder Lebensfeiern“ sucht, ist man gezwungen, sich „auf Antiquariate zu beschränken“. Dabei gäbe es doch einen „großen Fundus an solchen Schriften und Blättern aus der bündischen Zeit nach dem ersten Weltkrieg und auch aus der Weiterführung dieser begonnen* Arbeit in den Jahren des Nationalsozialismus.“.

„Die Quellen und Aufzeichnungen der Wandervögel, der bündischen und volksbewußten Verbände können uns als Grundstock (…) dienen.“

In einem Bericht aus dem Sonnenboten von einer Sonnenwendfeier heißt es: „Der Geist des Wandervogels durchstreifte wieder für wenige Tage die Eichenhaine und Waldlichtungen auf der Hohen Lehde; begleitet von einem volkhaften Gemeinschaftswillen (…)“. Im weiteren Verlauf der Feier wird von der Namenstaufe eines Kindes berichtet: „Die Zukunft selbst war mit unseren Kleinsten angereist. Ihren Reigen eröffnete die Namensleite des Jüngsten unter ihnen. Im Kreise aller Anwesenden wurde Othmar nach altgermanischer Sitte der Sippe zugeführt.“ Die Sippe steht hier für den völkischen Familienverband, während „Leite“ in jenen Kreisen ein Begriff für eine persönliche Feier ist. Die Kindererziehung im Sinne der völkisch-rassistischen Ideologie spielt eine wesentliche Rolle. So wird eine Feuerrede wiedergegeben, in der der Redner die Rolle der Kinder als künftige Träger dieser Gesinnung beschwört: „Doch – tun wir denn überhaupt gut daran, unsere eigenen Auffassungen und Vorstellungen unseren Kindern als ihnen angemessen überzustülpen? Natürlich tun wir gut daran! Sollten wir ihnen etwa stets die Entscheidung überlassen , dieses oder jenes zu tun? Wie sollten wir uns hohe und hehre Ziele setzen, wenn nicht in unseren Kindern?!“ In der gleichen Feuerrede wird die eiwatz-Gemeinschaft mit den Wandervögeln aus dem vorigen Jahrhundert unter völkisch-nationalistischen Aspekten verglichen. Hierbei werden die Standpunkte der Gesinnungsgemeinschaft deutlich: „Fühlen wir uns nicht vereint mit jenen [Wandervögeln] im Kampf gegen Dekadenz, Kulturverfall und Werteverlust? Befinden nicht auch wir uns an einer Wende; bereit zum Aufbäumen gegen diese ach so schlechte Zeit; bereit zum Neuanfang und zum Umwerten aller Werte? Nein, nein und nochmals nein! Wir sind noch viel zu sehr gebunden, ja gefesselt an dieser seit Jahrhunderten aufgeschichteten Welt von Vernünftelei, Fortschrittsglaube, Demokratiegeheul und Menschlichkeitsgestotter.“

In den Blättern werden neben der Sonnenwendfeier auch andere Feste besprochen. So beschreibt einer der Autoren seine Eindrücke von einem Erntedankfest, „wo in Oberbayern die hellen Kinderaugen hinter der Gabentafel blitzten, dann war es auch wie eine Pflicht, die fordernd aus diesen Augen starrte, als ob sie sagen mochten: ‚Einst stehe ich bereit, doch bis dahin wahre das Gut‘ — Das eigne Blut wird zu Scholle drängen, so wie der gesunde Geist es seit jeher für richtig hielt.“

In einem anderen Beitrag zum Erntedankfest beschreiben die Autoren des Sonnenboten ihre spezielle Einstellung zur Landwirtschaft. „Es ist kein Geheimnis, daß der deutsche Bauer viele unserer Ideale in sich vereinigt. (…)Von daher scheint es auch als selbstverständlich, wenn das Erntefest der jungen Gemeinschaft zu einem Bekenntnis zur eigenen Scholle, ja zur Heimat gereicht.“ Gleichzeitig wird bedauernd erwähnt, dass „der Bauer doch heute industrialisiert, sprich Landwirt geworden und das Wissen um die Heiligkeit der Vorgänge von Saat und Ernte scheinbar auf wenige Demeterbetriebe begrenzt ist.“

Auch zum Thema „Volkslied“ beschwören die Autoren des Sonnenboten einen durch und durch rassistischen Geist. Dieser äußert sich vor allem in der Bedeutung, die dem Volkslied zugemessen wird: „Vieles Wertvolles haben wir von unseren Ahnen geschenkt bekommen und es wäre fatal, dieses Erbe zu leugnen oder gar sich einem anderen Kulturkreis zuzuwenden als dem unseren (Vorausgesetzt natürlich, man gehört zu unserer Art.). (…) Man spürt wie die Kraft und Schöpfergewalt unserer Altvorderen im Volkslied erwacht und in uns weiterlebt, mit jedem Ton und mit jedem Satz den wir formen sind wir tiefer eingebettet im Erbe unserer Art, welches tief in uns pulst und uns teilhaben lässt an der Größe unseres Volkes.“

In einem anderen Text zur Thematik wird wieder der Brückenschlag zur Jugendbewegung versucht. Dabei wird auf die vermeintliche Unterordnung des Einzelnen in die Gemeinschaft während des gemeinsamen Singens eingegangen: „Für Gruppen der Jugendbewegung war und ist das Singen nicht ein Zeitvertreib, sondern eine gemeinschaftsbildende Eigenheit; der einzelne ordnet hier sein Tun der Gruppe unter und kann es dennoch als persönlichen Ausdruck des eigenen Denkens und Wollens empfinden.“

Die Sonnenboten enthalten neben inhaltlichen Schwerpunktartikeln eine Reihe von Liedern, Gedichten, Laienspieltexten und Tanzanleitungen. Unter den Autoren der Gedichte und Lieder finden sich Persönlichkeiten wie der Österreicher Hans Wilhelm Hammerbacher. Dieser war bereits zu einem Zeitpunkt, als die nationalsozialistische Bewegung in Österreich noch verboten war, SA-Führer und zu späterer Zeit NSDAP-Kreisleiter in Vorarlberg. Hammerbacher veröffentlichte in den dreißiger Jahren Schriften wie „Gottgläubig oder konfessionsgläubig?“. Er stand der ariosophischen Bewegung nahe, die völkische Elemente mit esoterischen Vorstellungen verbindet. Heutige Vertreter ariosophischer Vorstellungen sind u.a. der antisemitische Bund für (Deutsche) Gotterkenntnis (Ludendorffer) und der Armanen-Orden (Armanen). Eine Mitbegründerin der Armanen ist Sigrun v. Schlichting, die Tochter Hans Wilhelm Hammerbachers.

„ALTE WERTE NEU GEWOGEN“

Für die Kontaktaufnahme zum Bachantenorden wird auf eine Postfachadresse im ostsächsischen Seifhennersdorf verwiesen. Der Anmelder der eiwatz-Internetseite M.Haasler ist „vertretungsberechtigter Geschäftsführer“ des Walknut– und Vorreiter-Verlags, die beide unter einer Adresse in Köln firmieren, aber beim Handelsregister in Dresden eingetragen sind.

Laut Selbstdarstellung möchte der Vorreiter-Verlag eine „im besten Sinne konservative Literatur“ publizieren, die „eine Nutzbarmachung der Erkenntnisse unserer Vergangenheit vollzieht und eine Bewahrung aller geschichtlich gewonnenen Werte für die Zukunft fordert“. Daher lautet der „Wahlspruch“ des Verlags: „ALTE WERTE NEU GEWOGEN“. Zum Verlagsprogramm gehört auch der neue Roman von Andreas Molau, Bundespressesprecher der extrem rechten Deutschen Volksunion und Vorsitzender der rechtsextremen Kulturorganisation Gesellschaft für freie Publizistik. Im Walknut-Verlag veröffentlicht der Bachantenorden um eiwatz in einer eigenen Edition Werke wie „Ernst Jünger – #Randbemerkungen“. Mit diesem möchten die Autoren dem nationalrevolutionären „Dichter und Philosophen“ Jünger ihre „Ehre“ erweisen.

Fazit

Mit einem Mix aus nationalrevolutionärer Theorie, radikal-völkischer Brauchtumspflege, Ariosophie und kulturellen Elementen der deutschen Jugendbewegung stellt die Gruppe um eiwatz ein Bindeglied zwischen völkischen Jugendbünden und extrem rechter Ideologe dar. Die Auseinandersetzung mit Personen wie Ernst Jünger, Julius Evola und Carl Schmitt zeigt deutlich, dass es sich um eine Gruppierung handelt, die einen Beitrag zur Intellektualisierung des Rechtsextremismus leisten möchte. Andere Beiträge spannen einen Bogen von der völkisch-jugendbewegten Siedlungsbewegung der Artamanen bis hin zu Verweisen auf die extrem rechte Artgemeinschaft. Auch die Weblinks auf der Internetseite von eiwatz reichen von unpolitisch bis rechtsextrem. So findet sich dort ein Verweis auf eine Internetseite über den linken Musiker Rio Reiser neben dem Link zur umstrittenen schwedischen Band Ultima Thule, während sich der Verlag der Jugendbewegung unfreiwillig in einer Liste mit dem rechtsextremistischen Thule-Seminar wiederfindet. Damit wird einmal mehr deutlich, dass der Personenkreis um den Bachantenorden einen Brückenschlag zwischen nicht politisch motivierten Szenen wie der Jugendbewegung auf der einen und stramm rechtsextremen Organisationen und Weltanschauungsgemeinschaften auf der anderen Seite versucht.

*Fehler im Original

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