Report München über „braune Ökos“

In seiner gestrigen Sendung berichtete das ARD-Magazin Report München über „braune Ökos“. Neben der biologischen Schweinezucht des ehemaligen Rechtsterroristen Karl-Heinz Hoffmann kamen auch die völkischen-jugendbewegt inspirierten Siedler in Koppelow in Mecklenburg-Vorpommern zur Sprache. Aus der Zeitschrift des Freundeskreises der Artamanen (Artam-Blätter) geht hervor, dass die Gründung dieser völkischen Siedlung auf eine Initiative von Mitgliedern rechter Jugendbünde Anfang der 90er Jahre zurück geht.

Alte und neue Artamanen

Der „Freundeskreis der Artamanen“ wurde nach dem Zweiten Weltkrieg von ehemaligen Angehörigen der völkischen Siedlungsbewegung gegründet. Seit Jahrzehnten ist der Freundeskreis der Artamanen Mitglied im „Überbündischen Kreis“ (ÜK), dem neben den Artamanen die ehemaligen Mitglieder anderer völkisch-nationalistischer Vorkriegsbünde wie der Geusen und der Fahrenden Gesellen angehören.

Vor dem Hintergrund der Vergreisung der Mitglieder des Freundeskreises der Artamanen und des ÜK allgemein waren die ehemaligen Siedler seinerzeit hocherfreut, als sich die „jugendbewegten“ wenige Jahre nach dem Mauerfall für ein Siedlungsprojekt in den neuen Bundesländern andienten.

Unter der Überschrift „Konzept Koppelow“ erklärt die „siedlungswillige Jugend“ damals den Altvorderen, was sie geplant hatten:

WER SIND WIR? 10 bis 20 junge Menschen im Alter von 20 bis 30 Jahren, die sich aus vielen verschiedenen Jugendbünden (Dt. Wandervogel, Fahrende Gesellen, BJH [sic!], Niedersächsische Volkstumsjugend u.a.) zusammengefunden haben, um artgemäßes Leben nicht nur als Freizeitbeschäftigung zu pflegen.

Unter den „siedlungswilligen Jugendbünden hatte sich seinerzeit besonders der Freibund – Bund Heimattreuer Jugend hervorgetan. In einer späteren Ausgabe der Artam-Blätter stellt sich der Freibund auf mehreren Seiten ausführlich den alten Artamanen vor. Ein Aufruf zur Gründung einer neuen Artamanen-Siedlung war bereits in der Freibund-Bundeszeitschrift „Na Klar“ veröffentlicht worden. Als Kontaktperson war ein Hinrich J. und das Stuttgarter Postfach des Freibundes angegeben worden.

„Auf zu neuem Anfang

Vor 70 Jahren gründeten sich die ersten Artamanenschaften – Wir wollen heute diese Idee neu beleben.

Laßt uns im Landdienst wieder der Erde bewußt werden.
Laßt uns in der gemeinschaftlichen Tat neue Werte formen und gemeinsam ein lebenswertes, verantwortungsvolles Leben gestalten. Machst Du mit?

Wir treffen uns am 9./10.4.
Kontaktadresse: Hinrich J.
über: Der Freibund Pf. 100907
70008 Stuttgart

– Denn morgen ist neue Zeit –„

Der „Kameradenkreis“ um Hinrich J. traf sich dann tatsächlich im April 1994 in Kappeln (Schleswig-Holstein). Der daraus entstanden „Ölpenitzfelder Kreis“ war damals

„noch auf der Suche nach Wegen zur Verwirklichung“. Heute ist bekannt, dass sich Mitte der 1990er Jahre zwischen Teterow und Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern, nämlich z. B. in Koppelow und Klaber, ein Teil der so genannten Neo-Artamanen niedergelassen hat. Die „jungen Familien“ um Ulrich D., die dort an die „Ideen der Artamanen“

anknüpfen, betreiben dort u. a. Ökolandbau, eine Schmiede, eine Buchbinderei und einen Öko Baustoffhandel.

Unterstützung durch die Deutsche Gildenschaft

Zu den Siedlern gehört auch die Familie von Jan K., ehemaliger Bankkaufmann und verheiratet mit Gerhild H., der heute in Klaber eine Schmiede betreibt. K. referierte 1999 bei der einschlägig bekannten Burschenschaft Danubia über seine „Islandreise auf den Spuren der Edda“. Im Jahr 2005 wirbt K. für eine Stelle im Rahmen eines freiwilligen ökologischen Jahres auf seinem Hof in der umstrittenen Jugendbewegungs-Postille „Idee und Bewegung“. Auf dem Hof der  Familie K. arbeitet seit Mai 2007 auch dessen Schwägerin Irmgard H. mit ihrer Buchbinderei. Die von Kiel nach Klaber gezogene Irmgard H. ist Mitglied der Deutschen Hochschulgilde Theodor Storm zu Kiel. Immer wieder bekommen sie und die anderen Artamanensiedler Besuch von ihren „Gildenschwestern- und Brüdern“ aus ganz Deutschland. So zum Beispiel im Jahr 2007 von Mitgliedern der Deutschen Hochschulgilde Gorch Fock zu Hamburg. Bereits ein Jahr zuvor fand die „Arbeitswoche der Deutschen Gildenschaft bei Siedlern in Mecklenburg“ statt. Der heutige Aktivensprecher der Deutschen Gildenschaft (DG) Sven Reiß, berichtet in einem Artikel über die „Arbeitswoche“ von „jugendbewegte(n) Siedler(n)“, die es nach „Klaber“ und „weitere benachbarte Dörfer […] verschlagen“ hat.

Ein weiteres Indiz, dass die meisten Mitglieder der DG mit den Artamanen und ihrer Siedlungspolitik keine Probleme zu haben scheinen, ist ein Bericht vom 2. Offenen Gildentag auf Schloss Walchen am Attersee (13.- 15. Oktober 2006) der Hochschulgilde Witiko zu Passau. Dort heißt es u. a., dass „I. […] die schnell entstehende Diskussion“ bereicherte, konnte sie doch mit „Informationen aus erster Hand“ überzeugen, da „ihre Familie bereits in zweiter Generation nicht nur gedanklich, sondern auch praktisch mit dem „Siedeln“ befasst ist.“

In welches Milieu die Gildenschafterin Irmgard H. eingebettet ist, wird deutlich, wenn der einschlägig bekannte völkische Antiquar Uwe Berg Werbeflyer als Beilage zu Bestellungen für ihre Buchbinderei verschickt.

Über Die Deutsche Gildenschaft wurde auf diesem Blog vor kurzem berichtet, als dem Autor bekannt wurde, dass ein damals führendes Mitglied dieser jugendbewegten Studentenverbindung in einem rechtsextremen Internetforum aktiv gewesen war.

 

(Bildquelle: www.br-online.de)

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